99. Deutscher Ärztetag
Auf Antrag des Vorstandes der Bundesärztekammer (Drucksache II-1) unter Berücksichtigung der Anträge von Herrn Weyers (Drucksache II-1b) und Dr. v. Ascheraden (Drucksache II-1c) faßt der 99. Deutsche Ärztetag folgende Entschließung:
Der 99. DEUTSCHE ÄRZTETAG 1996 IN KÖLN gedenkt der Opfer des Nationalsozialismus und erinnert 50 Jahre nach dem Nürnberger Ärzteprozeß an Leiden und Tod, die Menschen auch aus der Hand von Ärzten erfahren haben.
In kriminellen Aktionen haben Ärzte im Nationalsozialismus an unmenschlichen Versuchen teilgenommen, ihnen Anvertraute verraten, Beistand und Hilfe versagt.
Ohne Not haben Ärzte Tod und Leiden von Menschen in verachtenswerter Weise herbeigeführt, angeordnet oder gnadenlos verwaltet.
Verführt vom Zeitgeist der Diktatur sind Ärzte willig einer unmenschlichen Ideologie gefolgt und haben die Grundwerte der Ärzteschaft verraten.
Eingeschüchtert von der Gewalt des nationalsozialistischen Unrechtsstaates haben auch Ärzte weggesehen oder geschwiegen.
Wir, die deutschen Ärzte im Jahre 1996 sind betroffen von diesem Unrecht und trauern um Opfer und Leid, die Ärzte im Nationalsozialismus verursacht haben. Wir schauen zurück auf 50 Jahre, in denen wir uns bemüht haben, Lehren aus einem Unrecht zu ziehen, das Ärzte begangen haben.
Wir mahnen, die Unabhängigkeit der ethischen Grundnormen unseres Berufes auch in der ärztlichen Vertretung gegen Zeitgeist und staatliche Eingriffe zu bewahren. Dazu gehören:
- Die Achtung vor der Würde des Menschen.
- Die Achtung vor dem Lebensrecht des Menschen.
- Die Achtung des Selbstbestimmungsrechts der Menschen.
- Die Pflicht, dem Patienten nicht zu schaden und nach bestem Wissen und Gewissen seinem Wohle zu dienen.
- Die Pflicht zur Verschwiegenheit.
- Die Pflicht zur Menschlichkeit.
Die Ärztinnen und Ärzte, die widerstanden haben, sind unser Vorbild.