Epidemiologie
Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sowie die Vernachlässigung ihrer grundlegenden Bedürfnisse sind ein häufiges Phänomen, das auf die Gesundheit und das Leben der betroffenen Kinder deletäre Auswirkungen haben kann.
So weist die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2020 aus, dass innerhalb eines Jahres in Deutschland 152 Kinder gewaltsam zu Tode gekommen sind, bei 134 weiteren Kindern ist es zu einer versuchten Tötung gekommen. Fast 5.000 neuer Fälle körperlicher Misshandlung wurden zur Anzeige gebracht und 14.500 Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kinder.
Demgegenüber kamen die Jugendämter 2021 in 30.369 Fällen zu dem Schluss, dass Anzeichen für eine akute Kindeswohlgefährdung vorlagen, darunter in je etwa einem Drittel der Fälle psychische Misshandlung (10.650 Fälle) und körperliche Misshandlung (9.261 Fälle).
Aufgrund der unterschiedlichen Meldewege und Aufgaben der Behörden sind die Zahlen nicht direkt vergleichbar und geben daher nur ein verzerrtes Bild von der Wirklichkeit wieder. Dieses Hellfeld erfasst nur die den Behörden bekannt gewordenen Fälle. Im Gegensatz dazu ist nicht jede polizeiliche Anzeige gleichbedeutend mit einem bestätigten Fall.
Die empirische Forschung versucht daher, das Dunkelfeld darzustellen. So werden häufig Erwachsene mittels validierter Fragebögen zu Misshandlungserfahrungen in der Kindheit befragt.
Eine repräsentative Befragung in Deutschland ergab dabei, dass mittel- bis schwerstgradige Formen von Misshandlung und Vernachlässigung häufig berichtet wurden: körperliche Misshandlung von 7%, sexueller Missbrauch von 8%, emotionale Misshandlung von 7%, körperliche Vernachlässigung von 22% und emotionale Vernachlässigung von 13% der Befragten. Ca. 40% aller Befragten gaben an, von mehreren Formen gleichzeitig betroffen gewesen zu sein (Witt A, Brown RC, Plener PL, Brahler E, Fegert JM (2017). "Child maltreatment in Germany: prevalence rates in the general population." Child and Adolescent Psychiatry and Mental Health 11: 47.