Leistungen auf Verlangen
Deutsches Ärzteblatt 99, Heft 24 (14.06.2002), Seite A-1700
Individuelle Gesundheitsleistungen sind keine neue Erfindung, sondern im Sinne der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) "Leistungen auf Verlangen des Zahlungspflichtigen" - im Gegensatz zu den nach § 1 Absatz 2 GOÄ "nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlichen Leistungen". Alle GOÄ-Bestimmungen, die beim Privatpatienten in Zusammenhang mit der Erbringung von Leistungen auf Verlangen zu beachten sind, müssen auch bei der Behandlung eines Patienten der Gesetzlichen Krankenversicherung mit individuellen Gesundheitsleistungen eingehalten werden. Bemerkenswert ist, dass trotz intensiver Aufklärungsarbeit und Ratschlägen, die zwischenzeitlich von den Landesärztekammern, aber auch von Berufsverbänden und IGeL-Interessensgemeinschaften angeboten werden, noch so oft gegen die zu beachtenden Abrechnungsbestimmungen der GOÄ verstoßen wird.
In vielen Fällen wird Unkenntnis der Abrechnungsvorschriften, beispielsweise zu Fälligkeit und Abrechnung der Vergütung nach § 12 GOÄ, Ursache eines Verstoßes gegen die GOÄ-Normen sein. Eine Privatliquidation muss neben der Beschreibung der erbrachten Leistungen die Gebührenposition, den Steigerungssatz sowie den sich daraus ergebenden Euro-Betrag enthalten. Mit der GOÄ nicht vereinbar sind Pauschalen, auch für fachübergreifende Komplexleistungen, wie beispielsweise bei der Tinnitus-Retraining-Therapie, aus denen nicht hervorgeht, welcher Facharzt (HNO-Arzt?; ärztlicher Psychotherapeut?) oder nicht-ärztlicher Therapeut welche Teilleistung erbracht hat. Aus der Privatliquidation muss sich eine klare Zuordnung der Leistung zum hierfür verantwortlichen Arzt ergeben.
Der Ersatz von Auslagen nach § 10 GOÄ, Wegegeld nach § 8 GOÄ oder eine Reiseentschädigung nach § 9 GOÄ sind gesondert auszuweisen. Die Berechnung einer Pauschale für Sachkosten-Auslagen und ärztliche Leistung ist nicht zulässig, auch wenn dies zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Einlegen einer Spirale früher üblich gewesen sein mag. Auslagenersatz für Sachkostenanteile und ärztliche Leistungen sind in der Liquidation deutlich zu trennen. Rabatte durch den Kauf größerer Mengen sind bei Abgabe des Medizinprodukts an den Patienten weiterzugeben.
Die Verbesserung der Abrechnungstransparenz war eines der Ziele des Verordnungsgebers bei Teilnovellierung der GOÄ im Jahre 1996; die Liquidation muss verständlich und nachvollziehbar sein, auch dann, wenn der Patient diese Rechnung aus eigener Tasche bezahlen muss, wie dies bei individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) noch der Regelfall sein dürfte, sofern nicht eine private Zusatzversicherung abgeschlossen wurde.
Vertragspartner des Arztes im Rahmen eines individuellen privaten Behandlungsvertrags ist nicht die Versicherung, sondern der Patient. Nicht nur wenn der Patient selbst nach einer besonderen Leistung nachfragt, sondern auch dann, wenn ihm ärztlicherseits eine besondere, vom GKV-Umfang nicht abgedeckte Leistung offeriert wird, hat der Patient Anspruch auf Aufklärung über den medizinischen Stellenwert der ihm angebotenen Leistung, zum Beispiel des "Baby-Fernsehens", und die auf ihn zukommenden Kosten. Eine unzureichende Aufklärung wird jedoch im Nachhinein von den Patienten sehr oft bemängelt und erschüttert das Vertrauen des Patienten nachhaltig.
Dr. med. Regina Klakow-Franck
(in: Deutsches Ärzteblatt 99, Heft 24 (14.06.2002), Seite A-1700)