IGeL = Verlangensleistungen
Deutsches Ärzteblatt 101, Heft 14 (02.04.2004), Seite A-956
Gebührenrechtlich betrachtet handelt es sich bei Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) um privatärztliche Leistungen, die - wie in der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) definiert - "über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen" und nur dann berechnet werden können, wenn "sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind" (§ 1 Abs. 2 GOÄ). Wäre die IGeL-Leistung für die Behandlung medizinisch notwendig, so hätte der Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich Anspruch auf Erstattung. Ein Irrtum zu glauben, im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung seien nur solche Leistungen abzurechnen, die im Gebührenverzeichnis des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes enthalten sind. So entschied zum Beispiel das Sozialgericht (SG) Dortmund, dass die auf Basis der GOÄ abgerechneten Kosten für eine medizinisch indizierte Schlafprofilanalyse von der Krankenkasse zu erstatten seien (SG Dortmund, Urteil vom 21. März 2003, Az.: S 26 KA 37/02).
Ein Vertragsarzt darf seine Verpflichtung, den Patienten mit dem zu versorgen, was nach den "Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist" (§ 28 Abs. 1 SGB V), nicht zugunsten einer alternativ angebotenen privatärztlichen Behandlung vernachlässigen. Um Konflikten mit dem Vertragsarztrecht vorzubeugen, sollten Individuelle Gesundheitsleistungen deshalb wortlautgetreu als "Leistungen auf Verlangen" begriffen werden, die der Versicherte nachfragen muss. Der Arzt darf über sein Spektrum Individuelle Gesundheitsleistungen informieren, keinesfalls darf dem Versicherten jedoch ein IGeL-Angebot aufgedrängt beziehungsweise die freie Wahlmöglichkeit, zwischen einer vertragsärztlichen und privatärztlichen Behandlung zu wählen, eingeschränkt werden. Das Bundessozialgericht (BSG) hat sich hiermit sehr kritisch auseinander gesetzt (BSG, Urteil vom 14. März 2001, Az.: B 6 KA 36/00 R).
Nach dem Bundesmantelvertrag muss der Versicherte der GKV vor Beginn der Behandlung schriftlich bestätigen, dass er ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden. Muster für eine solche Patientenerklärung einschließlich der ebenfalls erforderlichen Honorarvereinbarung vor Behandlungsbeginn sind bei allen Ärztekammern erhältlich. Von dieser Individualvereinbarung vor Behandlungsbeginn ist die Privatliquidation zu trennen, die den Abrechnungsbestimmungen von § 12 GOÄ entsprechen muss. Verstößt die Rechnung gegen diese Bestimmungen, ist die Vergütung nicht fällig. Bei vielen Individuellen Gesundheitsleistungen handelt es sich um Methoden der Komplementärmedizin oder neuere Untersuchungs- und Behandlungsverfahren, die im Gebührenverzeichnis der GOÄ nicht enthalten sind, und die deshalb analog nach § 6 Abs. 2 GOÄ berechnet werden müssen. In diesem Fall muss die IGeL-Leistung für den Zahlungspflichtigen verständlich beschrieben und mit dem Hinweis nicht nur auf die Gebührenpositionsnummer der GOÄ, sondern auch mit der Legende der analog abgegriffenen Gebührenposition versehen werden (§ 12 Abs. 4 GOÄ).
Dr. med. Regina Klakow-Franck
(in: Deutsches Ärzteblatt 101, Heft 14 (02.04.2004), Seite A-956)