Individuelle Gesundheitsleistungen nach GOÄ - Allgemeines
Deutsches Ärzteblatt 105, Heft 26 (27.06.2008), S. A-1470
Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) sind Leistungen, die über das Maß des medizinisch Erforderlichen hinausgehen, denen der Patientausdrücklich zustimmen muss oder die er ausdrücklich wünschen muss. Die Leistung muss aus Sicht des Arztes medizinisch erforderlich, empfehlenswert oder zumindest vertretbar sein,und es muss sich um Leistungen handeln, bei denen die Kosten nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden.
Für gesetzlich Versicherte regelt der § 12 Absatz 1 des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V), dass „die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen“. Es soll nicht verschwiegen werden, dass es immer wieder Schwierigkeiten bei der Abgrenzung gibt. So kann es vorkommen, dass ein Mitarbeiter der gesetzlichen Krankenkasse den Versicherten dahingehend informiert, dass es sich bei der in Anspruch genommenen IGeL-Leistung um eine Kassenleistung gehandelt habe und diese vom Arzt fälschlicherweise nicht nachdem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) in Rechnung gestellt worden ist. Die Ursache hierfür kann in einer unzureichenden Information des Krankenkassenmitarbeiters über die entsprechende Behandlungsmethode liegen, vereinzelt kann man aber auch den Eindruck gewinnen,dass diese Art von unzulässiger Kulanz (vergleiche § 12 SGB V) mit dem zunehmenden Wettbewerb der gesetzlichen Krankenkassen untereinander zu tun hat.
Schwieriger sieht die Abgrenzung für privat Versicherte und beihilfeberechtigte Personen aus. Nach den Mustervertragsbedingungen der privaten Krankenversicherungen besteht für eine medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen grundsätzlich eine Leistungspflicht. Zusätzlich werden ambulant erbrachte Untersuchungen zur Erkennung von Krankheiten nach gesetzlich eingeführten Programmen (gezielte Vorsorgeuntersuchungen) und Untersuchungen und medizinisch notwendige Behandlungen wegen Schwangerschaft und Entbindung erstattet. Abweichend von diesen Regelungen können die Versicherungsunternehmen in ihren Tarifen eine Mehr- oder Mindererstattung von Leistungen festlegen.So ist die Abgrenzung dessen, was erstattet wird und was nach dem individuellen Versicherungsvertrag als IGeL-Leistung anzusehen ist, deutlich schwieriger. Das Spektrum der über (Sonder-)Tarife versicherungsfähigen Leistungen reicht von den oben genannten Leistungen über alternative Heilverfahren, die Behandlung beim Heilpraktiker bis hin zur kosmetischen Chirurgie. Es empfiehlt sicher daher das Erfragen des Leistungsumfangs des individuellen Versicherungsvertrags (sofern bekannt), alternativ die ausführliche Aufklärung des Patienten darüber, dass er die Kosten für bestimmte Behandlungen gegebenenfalls selbst tragen muss.
Wichtig bei IGeL-Leistungen ist, dass vor der Behandlung ein schriftlicher Vertrag mit dem Patienten abgeschlossen wird. Dies ist zwingend vorgeschrieben für gesetzlich Versicherte,empfiehlt sich grundsätzlich aber auch für privat Versicherte. Wie ein solcher Vertrag aussehen sollte, wird im nächsten GOÄ-Ratgeber thematisiert.
Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 105, Heft 26 (27.06.2008), S. A-1470)