Leitbild für einen modernen Öffentlichen Gesundheitsdienst

„Der ÖGD: Public Health vor Ort“:

1. hat die öffentliche Verantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung;

2. ist integraler Baustein des modernen Sozialstaats;

3. ist bürgernah und eingebunden in kommunale Strukturen;

4. orientiert sich an lokalen und globalen Herausforderungen;

5. ist gemeinwohlorientiert, ohne kommerzielle Interessen;

6. hat als Kernaufgaben Gesundheitsschutz, Gesundheitsförderung, Beratung und Information sowie Steuerung und Koordination;

7. nimmt hoheitliche Aufgaben wahr und arbeitet sozialkompensatorisch, planerisch und gestalterisch, um gesundheitliche Chancengleichheit und bestmögliche Gesundheit für alle zu ermöglichen (Public Health);

8. basiert auf medizinischen, insbesondere fachärztlichen, und sozial- sowie gesundheitswissenschaftlichen Qualifikationen;

9. arbeitet wissenschaftsbasiert und vernetzt;

10. ist ethisch reflektiert in Respekt vor der Würde des einzelnen Menschen.

Quelle: „Leitbild für einen modernen Öffentlichen Gesundheitsdienst. Zuständigkeiten. Ziele. Zukunft.“, 2018

Die Aufgaben der Gesundheitsämter sind sehr vielfältig. Hervorzuheben sind:

  • Infektionsschutz (Meldewesen, Ausbruchsuntersuchungen, Kontaktpersonenmanagement, Anordnung von Hygienemaßnahmen)
  • Hygiene (z. B. Trinkwasser- oder Krankenhaushygiene)
  • Umweltmedizin (z. B. Altlasten)
  • Schuleingangs- und andere Reihenuntersuchungen
  • Impfangebote
  • Beratungs- und Unterstützungsangebote: (z. B. zur Kinder- und Jugendgesundheit, Suchtberatung, Beratung von Menschen mit Behinderung, Sozialpsychiatrie, HIV/Aids, Auslandsreiseimpfungen)
  • Durchführung bzw. Koordination von Projekten und Aktionen auf lokaler Ebene (z. B. Schulprojekte, Gesundheitstage)
  • Netzwerkarbeit in größeren Zusammenhängen: Gesundheitsberichterstattung, Gesundheitsplanung, Öffentlichkeitsarbeit, Gesundheitskonferenzen.

Public Health vor Ort: Gegenwart und Zukunft eines krisenfesten Öffentlichen Gesundheitsdienstes

Fachtagung der Bundesärztekammer am 12. Juni 2024 in Berlin

Auf der Tagung „Public Health vor Ort: Gegenwart und Zukunft eines krisenfesten Öffentlichen Gesundheitsdienstes“ wurden aktuelle Fragen zum „Pakt für den ÖGD“, zu den ärztlichen Herausforderungen und Aufgaben im ÖGD, zu Multiprofessionalität sowie zur Finanzierung und Zukunftssicherung diskutiert. Hierfür konnten namhaften Expertinnen und Experten und Verantwortliche der Bundes-, Landes- und Berufspolitik gewonnen werden.

Video-Mitschnitt der Veranstaltung sowie weitere Informationen

Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes

In den vergangenen Jahren wurden zunehmend die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes durch die Entwicklung von Wissenschaft, Medizin und Technik, die wachsende Bedeutung des Umwelt- und Verbraucherschutzes sowie die fortschreitende Gesundheits- und Sozialgesetzgebung geprägt.

Dementsprechend erfuhr der öffentliche Gesundheitsdienst zunehmend eine inhaltliche Neu-Orientierung zu einem "aufsuchenden Gesundheits-Service", um alle Zielgruppen - insbesondere auch soziale Randgruppen - zu erreichen.

Dritte Säule des Gesundheitswesens

Neben der ambulanten und stationären Versorgung kommt somit dem öffentlichen Gesundheitsdienst als "dritter Säule" des Gesundheitswesens mit seinen vorrangigen Aufgaben im Bereich der Bevölkerungsmedizin, der Prävention und der Gesundheitsförderung ein besonderer Stellenwert zu.

Die "subsidiären" bzw. "komplementären" Leistungsangebote der Gesundheitsämter - insbesondere in ihren sozialkompensatorischen Funktionen - ergänzen den ambulanten und stationären Bereich zu einem in allen Zweigen zusammenwirkenden Gesundheitswesen.

Ärztinnen und Ärzte im ÖGD

Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst handeln im Rahmen ihrer ärztlichen Tätigkeit eigenverantwortlich und können ihre ärztlichen Entscheidungen nicht delegieren. Sie sind nur in Verwaltungsfragen gegenüber dem Träger des öffentlichen Gesundheitsdienstes weisungsgebunden.

In den ärztlich-medizinischen Entscheidungen besteht kein Weisungsverhältnis. Führt die Aufgabenstellung der Ärztin oder des Arztes in der Gesundheitsverwaltung, die Wahrung öffentlicher Interessen und die Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber dem Träger zu Konflikten, dann dürfen die Ärztin oder der Arzt nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen sein.

Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch darauf, dass die über die Amtsverschwiegenheit hinausgehende ärztliche Schweigepflicht uneingeschränkt gewahrt bleibt.

Gesundheitsamt

Die Gesundheitsfachbehörden müssen in allen die Gesundheit der Bevölkerung betreffenden Fragen von sich aus Initiativen entwickeln sowie andere Verwaltungsbereiche zu den erforderlichen Schritten veranlassen und entsprechend beraten.

Bei gesundheitsrelevanten Planungen, Strukturentwicklungen und Gesetzgebungsinitiativen der Landesparlamente und -regierungen sowie der kommunalen Körperschaften (z. B. Landschaftsplanung, Bau und Städteplanung, Umweltschutz u. a.) muss auch die multidisziplinäre Kompetenz der Gesundheitsämter in die entsprechenden Entscheidungsprozesse eingebunden werden.

Die Gesundheitsfachbehörden müssen darüber hinaus in allen die Gesundheit der Bevölkerung betreffenden Fragen von sich aus Initiativen entwickeln sowie andere Verwaltungsbereiche zu den erforderlichen Schritten veranlassen und entsprechend beraten.

Gesundheitsberichterstattung

Die Gesundheitsberichterstattung bildet die Grundlage für die Formulierung von Gesundheitszielen und für die Entwicklung gesundheitspolitischer Prioritäten. Bei dem Aufbau einer effizienten Gesundheitsberichterstattung erwachsen den Gesundheitsämtern besondere Aufgaben.

Nur diese können alle gesundheitlich relevanten Daten als wesentliche Voraussetzung für die Gesundheitsplanung unter Berücksichtigung der Epidemiologie sammeln.

BÄK-Positionspapiere zum Öffentlichen Gesundheitsdienst

Der Vorstand der Bundesärztekammer hat  die Arbeitsgruppe „Öffentlicher Gesundheitsdienst“ beauftragt, konzeptionelle Vorschläge zur Aufgabenbeschreibung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) unter Einforderung einer ausreichenden finanziellen Ausstattung zu erarbeiten. Von der Arbeitsgruppe wurde das „Positionspapier der Bundesärztekammer zur Stärkung der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes“ erstellt, das der Vorstand der Bundesärztekammer in der Sitzung am 19./20.04.2018 verabschiedet hat. Bund, Länder und Kommunen werden darin nachdrücklich aufgefordert, den veränderten und erweiterten Rahmenbedingungen und Aufgabenprofilen Rechnung zu tragen, indem für eine adäquate finanzielle, materielle und personelle Ausstattung des ÖGD gesorgt wird.

Pakt für den ÖGD

Am 29.09.2023 wurde der „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD)“ beschlossen. Die Gesundheitsämter, die seit vielen Jahren chronisch unterfinanziert sind, sollen mit diesem Pakt personell aufgestockt, modernisiert und vernetzt werden.

Dies sind die allgemeinen Ziele des „Paktes für den ÖGD“, auf den sich die Gesundheitsministerinnen und -minister von Bund und Ländern geeinigt haben.

Der Bund stellt für den Zeitraum 2021 bis 2026 vier Milliarden Euro für Personal, Digitalisierung und moderne Strukturen zur Verfügung.

Beschlossene Inhalte und Ziele des Pakts für den ÖGD

Beirat Pakt ÖGD

Begleitet wird die Umsetzung des Pakts für den ÖGD vom „Beirat zur Beratung zukunftsfähiger Strukturen im Öffentlichen Gesundheitsdienst in Umsetzung des Pakts für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ – kurz Beirat Pakt ÖGD.

Der Beirat ist ein externes, unabhängiges Gremium, das vom Bundesminister für Gesundheit im Einvernehmen mit der Gesundheitsministerkonferenz berufen wurde.

Mit seinen Berichten und Empfehlungen hat der Beirat Pakt ÖGD in seiner ersten Amtszeit wichtige und wegweisende Impulse gesetzt, um die Prozesse der Paktumsetzung zu befördern.

Berichte des Beirats Pakt ÖGD