Die Berechnung der tiefen Hirnstimulation
Deutsches Ärzteblatt 107, Heft 43 (29.10.2010), S. A-2136
Neben der Implantation von Hirnstimulationselektroden bei gravierenden Parkinsonsymptomen, essentiellem Tremor und anderen therapieresistenten Bewegungsstörungen, deren pathologisches Substrat in den Stammganglien lokalisiert ist, wird die tiefe Hirnstimulation auch zusehends öfter bei Epilepsien mit fokalem Anfallsursprung eingesetzt.
Bei Epilepsien erfolgt eine hippocampale Stimulation. Hier bildet der bilaterale Anfallsursprung eine Domäne der Stimulationstherapie, während sich einseitige Fokusse chirurgisch wirksam angehen lassen. Bei doppelseitiger Hippocampusbeteiligung führt eine Operation unter Umständen zu schweren Gedächtnisdefiziten, so dass dort eine niederfrequente Stimulation hypersynchrone Neuronenentladungen desynchronisieren und Anfälle verhindern kann. Bei diesem in der Umgangssprache „Hirnschrittmacher“ genannten System werden nach Kalottentrepanation in den Stammganglienbereich Elektroden eingeschoben, die über subkutan laufende Kabel mit einem Impulsgeber verbunden werden, der meist an der oberen Thoraxapertur oder im Abdominalbereich implantiert wird.
Bei der stereotaktischen Elektrodenplatzierung empfiehlt sich zunächst die Berechnung der Bohrlochtrepanation nach Nr. 2515 GOÄ und der Navigation (Nr. 2562 GOÄ). Die Implantation des „Schrittmachers“ im Körperstammbereich sollte nach Nr. 3095 GOÄ analog berechnet werden. Nun wird die Einstellung eines Stimulators unter neurologischer Kontrolle mitunter über mehrere Stunden und auch an aufeinanderfolgenden Tagen betrieben. Im Laufe der Erkrankung sind auch Routinekontrollen, Neu- oder Umprogrammierungen des Impulsgebers erforderlich.
Die Bundesärztekammer empfiehlt für die Elektrodenpositionierung und gegebenenfalls Ableitung der Elektrodenimpulse den einmaligen Ansatz der Nr. 828 analog GOÄ und für die Stimulation den Abgriff der Nr. 839 GOÄ analog einmal je Sitzung. Beide Ziffern können je Elektrode berechnet werden.
Der Aggregatwechsel kann analog nach Nr. 3096 GOÄ berechnet werden, und bei einem Positionswechsel der intrazerebral platzierten Elektroden oder deren Austausch sollte die Nr. 3097 GOÄ analog abgegriffen werden. Die Berechnung dieser Ziffer kann unabhängig von der Anzahl der Elektroden nur jeweils einmal stattfinden.Die ersatzlose Entfernung von Aggregat und Elektroden sollte ebenfalls nach Nr. 3096 GOÄ abgerechnet werden.
Der durch die Bundesärztekammer erarbeitete Vorschlag für eine novellierte Gebührenordnung wird diese Intervention aufwandsgerecht kalkuliert enthalten. Der gesetzliche Gebührenrahmen sollte dann noch den individuell variablen Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand abbilden.
Dr. med. Dipl.-Oek. Ursula Hofer
(in: Deutsches Ärzteblatt 107, Heft 43 (29.10.2010), S. A-2136)