Eingehende psychiatrische Untersuchung
Deutsches Ärzteblatt 104, Heft 44 (02.11.2007), Seite A-3056
Die Gebührenpositionen für die eingehende psychiatrische Untersuchung sind in der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) im Abschnitt G „Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie“ aufgeführt. Strittig ist hier neben dem Leistungsinhalt auch zuweilen, welche Leistungen daneben berechnet werden dürfen.
Die Leistungslegende der Nr. 801 GOÄ „Eingehende psychiatrische Untersuchung – gegebenenfalls unter Einschaltung der Bezugs- und/oder Kontaktperson“ führt die zu erbringenden Untersuchungsbestandteile nicht detailliert auf. Deutlich wird jedoch schon aus der Formulierung „eingehende psychiatrische Untersuchung“, dass eine symptombezogene psychiatrische Untersuchung nicht nach der Nr. 801 GOÄ berechnet werden kann. Hierfür kann die originäre Nr. 5 „Symptombezogene (psychiatrische) Untersuchung“ zum Ansatz kommen.
Eine vollständige psychiatrische Untersuchung schließt folgende Bereiche ein: Bewusstsein, Orientierung, kognitiv-mnestische Funktionen, Affekt, Antrieb, Wahrnehmung, inhaltliches und formales Denken, Ich-Störungen. Hier gilt wie bei der neurologischen Untersuchung nach Nr. 800 GOÄ, dass nicht zwingend alle Teilbereiche untersucht werden müssen, damit die Nr. 801 GOÄ angesetzt werden kann. Die Bewertung der Nr. 801 GOÄ (250 Punkte) gegenüber der Nr. 800 GOÄ (195 Punkte) zeigt jedoch, dass die meisten der Teilbereiche untersucht worden sein sollten, um die Verhältnismäßigkeit der Bewertung Nr. 801 GOÄ gegenüber anderen Untersuchungen nicht zu verletzen. Da die Beratung der Bezugs- und/ oder Kontaktperson ein fakultativer Leistungsbestandteil der Nr. 801 GOÄ ist, können weder die Nr. 4 GOÄ „Erhebung der Fremdanamnese … und/oder Unterweisung … der Bezugsperson …“ noch die Nr. 835 GOÄ „Einmalige … Fremdanamnese über einen psychisch Kranken …“ daneben berechnet werden. Die Anamnese und Beratung der erkrankten Person ist je nach Aufwand mit den üblichen Beratungsleistungen nach Nr. 1 oder 3 GOÄ berechnungsfähig. Bei Kindern und Jugendlichen könnte zu Beginn einer Behandlung auch die Nr. 807 GOÄ „Erhebung einer biografisch psychiatrischen Anamnese …“ oder bei Erwachsenen die Nr. 860 „Erhebung der biografischen Anamnese unter neurosenpsychologischen Gesichtspunkten …“ notwendig sein, die neben der Nr. 801 GOÄ berechnungsfähig sind.
Eine Kombination der Nr. 801 GOÄ mit der Nr. 804 „Psychiatrische Behandlung durch eingehendes therapeutisches Gespräch…“ oder der Nr. 806 GOÄ „Psychiatrische Behandlung durch gezielte Exploration und eingehendes therapeutisches Gespräch…“ ist, außer zu Beginn einer Behandlung, nicht regelhaft medizinisch notwendig. Die Kombination der Nrn. 801 und 804 oder 806 GOÄ könnte im Verlauf einer Behandlung notwendig werden, wenn sich durch eine deutliche Änderung des Krankheitsbildes erneut die medizinische Indikation ergibt, eine eingehende psychiatrische Untersuchung durchzuführen, oder wenn gar eine neue psychiatrische Erkrankung auftritt. Die Exploration gradueller Änderungen der Symptomatik ist Leistungsbestandteil sowohl der Nr. 804 als auch der Nr. 806 GOÄ.
Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 104, Heft 44 (02.11.2007), Seite A-3056)