Abrechnung der TVT-Operation
Deutsches Ärzteblatt 111, Heft 14 (04.04.2014): S. A-608
Die Abrechnung von neueren urologischen Verfahren nach der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) führt immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Kostenträgern und Ärzten. So wird zum Beispiel im Zusammenhang mit der Inrechnungstellung der operativen Einlage eines Kunststoffbandes (z. B Tension-free Vaginal Tape Operation, TVT-Operation) zur Behandlung der Stressinkontinenz in der gynäkologischen Urologie diskutiert, wie dieser Eingriff auf der Grundlage der GOÄ zutreffend abzubilden ist.
Grundsätzlich gilt: Gemäß § 6 Absatz 2 GOÄ können selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art-, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Bei der Abrechnung der TVT-Operation taucht dabei immer wieder die Frage auf, ob dieser Eingriff der Nr. 1780 „Plastische Operation zur Behebung der Harninkontinenz“ oder der Nr. 1781 GOÄ „Operative Behandlung der Harninkontinenz mittels Implantation eines künstlichen Schließmuskels“ im Analogabgriff zuzuordnen ist.
Bei der TVT-Operation wird ein Kunststoffband transvaginal unter den mittleren Abschnitt der Urethra platziert, und die beiden freien Enden werden hinter dem Schambein möglichst spannungsfrei („tension-free“) nach oben gezogen, wo sie in dem umgebenden Gewebe verwachsen (retropubisches Verfahren). Beschrieben ist auch ein transobturatorisches Vorgehen, bei dem die beiden Bandenden zur Seite durch das Foramen obturatum gezogen werden (TOT-Operation).
Bei den beschriebenen Verfahren handelt es sich insoweit durchaus um Eingriffe zur „…Behebung der Harninkontinenz“ gemäß der Leistungslegende der Nr. 1780 GOÄ, nicht jedoch um Operationen zur Behandlung der Harninkontinenz mit Eingriff im Bereich des Schließmuskels, wie mit der Nr. 1781 GOÄ („.. Implantation eines künstlichen Schließmuskels“) abgebildet. Von daher erscheint die Heranziehung der Nr. 1780 GOÄ im Analogabgriff für die Abbildung der TVT-Operation als eine gleichwertige Leistung am ehesten zutreffend.
Vor dem Hintergrund der immer wieder auftretenden Unsicherheiten bei der Inrechnungstellung dieses Verfahrens als privatärztliche Leistung hat sich auch die Bundesärztekammer (BÄK) mit der Frage der Abrechnung der TVT-Operation befasst. Der BÄK-Vorstand hat in seiner 10. Sitzung (Amtsperiode 2011/2015) am 19./20. April 2012 nachfolgende – vom BÄK-Ausschuss „Gebührenordnung“ in seiner 4. Sitzung (Amtsperiode 2011/2015) am 19. März 2012 befürwortete – Abrechnungsempfehlung beschlossen (DÄ, Heft 19/2012): „Abrechnung der TVT-Operation (Tension-free Vaginal Tape Operation) zur Behandlung der Harninkontinenz, analog Nr. 1780 GOÄ.“
Es erscheint empfehlenswert, diesen Abrechnungsvorschlag der Bundesärztekammer bei der Rechnungserstellung für eine TVT-Operation zu berücksichtigen, da die liquidierende Ärztin/der liquidierende Arzt ansonsten Gefahr läuft, dass ihre/seine Liquidation kritisiert und letztlich nicht anerkannt wird.
Dr. med. Tina Wiesener
(in: Deutsches Ärzteblatt 111, Heft 14 (04.04.2014): S. A-608)