Analoge Bewertung – Grundsätzliches und Spezielles
Deutsches Ärzteblatt 104, Heft 10 (09.03.2007), Seite A-680
Die Amtliche Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) enthält in § 6 Absatz 2 ein Selbstergänzungsrecht: Selbstständige ärztliche Leistungen, die nicht im Gebührenverzeichnis enthalten sind, können von jedem Arzt entsprechend einer nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung berechnet werden. Das Thema gleichartige oder gleichwertige Analogbewertung wurde im GOÄ-Ratgeber von DÄ, Heft 38/2003 behandelt.
Aus der in § 6 Absatz 2 GOÄ geforderten Gleichwertigkeit ergibt sich auch, dass das Behandlungsziel unter Umständen zweitrangig ist und die analoge Bewertung in erster Linie nach Art, Kosten und Zeitaufwand zu erfolgen hat (siehe „Problematische Analogbewertungen“ DÄ, Heft 11/2003). Dies wird oft nicht beachtet. So werden beispielsweise Leistungen für offene chirurgische Operationen in Analogie herangezogen für alternative nichtinvasive oder interventionelle Verfahren, weil sie demselben Ziel gelten. Korrekt angewendet, kann eine analoge Bewertung für den Verschluss eines Vorhof- oder Ventrikelseptumdefektes per Herzkatheter nach Art, Kosten und Zeitaufwand aus dem Abschnitt O. I. der GOÄ (Interventionelle Radiologie) herangezogen werden. Der offene chirurgische Verschluss im Abschnitt L. XIII. der GOÄ (Herzchirurgie) ist nach Art, Kosten und Zeitaufwand nicht gleichwertig.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die analoge Bewertung die Rahmenbedingungen der zur Analogie herangezogenen Gebührenposition erbt. Dies sind beispielsweise der Gebührenrahmen (ärztlich, ärztlich-technisch, Labor), die Ausschlüsse neben anderen Gebührenpositionen, die Einschränkungen der Berechnungsfähigkeit je Behandlungsfall, Sitzung etc. Aber auch Kriterien wie die Anzahl der Teilnehmer (wie Gruppen- oder Einzeltherapie), die Mindestdauer der Leistung sowie die ambulanten Zuschläge (Nummern 440 bis 449 GOÄ, Abschnitt C. VIII. GOÄ) werden „vererbt“.
Bei den ambulanten Zuschlägen können sich dabei Konstellationen ergeben, bei denen die Entscheidung, ob Zuschlag berechnet werden kann, nicht ganz einfach ist. So könnte auf den ersten Blick neben der analogen Gebührenposition für die von der Bundesärztekammer empfohlene „Dermatologische Lasertherapie“ nach Nr. 2440 GOÄ analog der ambulante Zuschlag nach Nr. 441 GOÄ für die Anwendung des Lasers infrage kommen, da die Nr. 2440 GOÄ („Operative Entfernung eines Naevus flammeus, je Sitzung“) in der Liste der ambulanten Operationen aufgeführt ist. In den Allgemeinen Bestimmungen zu den ambulanten Zuschlägen im Abschnitt C. VIII. ist unter Ziffer 2 aber auch nachzulesen, dass „für die Anwendung eines Operationsmikroskopes oder eines Lasers im Zusammenhang mit einer ambulanten operativen Leistung Zuschläge nur dann berechnet werden können, wenn die Anwendung eines Operationsmikroskopes oder Lasers in der Leistungsbeschreibung der Gebührennummer für die operative Leistung nicht beinhaltet ist“. Die analoge Empfehlung der Bundesärztekammer zur dermatologischen Lasertherapie lautet: „Laserbehandlung von Besenreiservarizen, Teleangiektasien, …“. Nach diesem Wortlaut scheidet ein Zuschlag nach Nr. 441 GOÄ aus. Die Bundesärztekammer vertritt derzeit die Auffassung, dass daher der Zuschlag nach Nr. 441 nicht berechnungsfähig ist.
Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 104, Heft 10 (09.03.2007), Seite A-680)