Analoge Bewertung(en): vornehmen – wer darf das?
Deutsches Ärzteblatt 105, Heft 18 (02.05.2008), S. A-970
Wer darf nach der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) analoge Bewertungen vornehmen? Sind offizielle analoge Bewertungen der Bundesärztekammer (BÄK) beziehungsweise ihrer Gremien rechtsverbindlich oder rechtsrelevant? Um gleich so viel vorwegzunehmen: Rechtsverbindlich ist (nur) der Text der Gebührenordnung. Da die GOÄ 1996 nur in Teilen novelliert wurde und in vielen Abschnitten über 20 Jahre alt ist, sind die Texte vieler Leistungslegenden heute nicht mehr ohne Weiteres verständlich und anwendbar. Daher beschäftigen sich heute zunehmend Gerichte mit der Auslegung der GOÄ. Grundsätzliche Urteile und/oder für den Abrechnungsalltag rechtsverbindliche Urteile werden nur bei „höchstrichterlicher“ Rechtsprechung – also vom Bundesverfassungsgericht oder dem Bundesgerichtshof – gefällt. Bei unterinstanzlichen Gerichten werden in der Mehrzahl der Verfahren Einzelfälle verhandelt und keine Grundsatzurteile gefällt.
Die BÄK bemüht sich, die Unzulänglichkeiten und Auslegungsdifferenzen der GOÄ durch ausgewogene Abrechnungsempfehlungen zu beseitigen, um mehr Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu erreichen. Nach der (Muster-)Berufsordnung (MBO) und den darauf fußenden Berufsordnungen der Landesärztekammern zählt es zu den gesetzlich begründeten Aufgaben der Kammern, die Angemessenheit von Honorarforderungen auf Antrag eines Beteiligten zu prüfen und eine gutachterliche Äußerung über die Angemessenheit der Honorarforderung abzugeben. Die Voten der Kammern sowie die Beschlüsse und Empfehlungen der BÄK, des Ausschusses „Gebührenordnung“ der BÄK sowie des Zentralen Konsultationsausschusses für Gebührenordnungsfragen bei der BÄK sind zwar nicht rechtsverbindlich, aber rechtsrelevant. Denn sie werden auf der Grundlage fundierter Beratungen unter Berücksichtigung medizinischer und gebührenrechtlicher Voraussetzungen getroffen und dienen damit der Auslegung der jetzigen GOÄ.
Gemäß § 6 Absatz (Abs.) 2 GOÄ können selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Die Bildung einer Analogbewertung liegt daher zunächst einmal im Ermessen des ärztlichen Leistungserbringers selbst. Dabei ist er dazu verpflichtet, auf die Angemessenheit seiner Honorarforderung zu achten (§ 12 Abs. 1 MBO). Da die Empfehlungen und analogen Bewertungen der BÄK und der genannten Gremien sich jedoch grundsätzlich breiter Akzeptanz erfreuen, teilweise Erstattungsvoraussetzung für die Beihilfe darstellen und in jüngster Vergangenheit auch Bestätigung durch höchstrichterliche Urteile finden, ist es für alle Beteiligten einfacher, wenn die Empfehlungen bei der Erstellung analoger Bewertungen berücksichtigt werden.
Weitere Hinweise sowie die veröffentlichten analogen Bewertungen der BÄK sind auf der Internetseite der BÄK (Ärzteseite, Thema Gebührenordnung, Rubriken Abrechnung, Ausschüsse und GOÄ-Ratgeber) zu finden.
Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 105, Heft 18 (02.05.2008), S. A-970)