Digitale Diagnostik: Neue Leistungen auf dem Weg zur Analogbewertung
Deutsches Ärzteblatt 98, Heft 50 (14.12.2001), Seite A-3391
Computer-Technologien sind aus der Medizin nicht mehr wegzudenken. In der Dermatologie beispielsweise werden komplexe Systeme angeboten, die von der hochauflösenden Videokamera über die Vermessung gescannter Hautläsionen bis hin zur Möglichkeit des telemedizinischen Informationsaustausches alle Komponenten einer zukunftsorientierten Diagnostik vereinigen. Medizinische Leistungen, die solche modernsten Techniken zu Hilfe nehmen, schmücken sich aber nicht zwangsläufig mit klingenden Namen und werden deshalb zum Teil nicht als innovative Modifikationen erkannt beziehungsweise nicht von der privaten Krankenversicherung vergütet.
Hochauflösende digitale Systeme
Wer sollte auch vermuten, dass sich hinter der Bezeichnung "Naevus check" ein digitales Diagnose- und Dokumentationssystem verbirgt? Möglicherweise hat die zu wenig konkrete Charakterisierung des Verfahrens als "Videodokumentation von Muttermalen" mit dazu beigetragen, die Anerkennung der von der Bundesärztekammer empfohlenen Analogbewertung nach Nr. 612 GOÄ zu erschweren. Gehört die Dokumentation nicht zur Untersuchungsleistung, und ist die Dermatoskopie nicht bereits in der GOÄ enthalten? Selbst Hautärzte waren überrascht, statt der Nr. 750 GOÄ die Nr. 612 analog abrechnen zu dürfen - was nicht zutrifft.
Die Empfehlung der Nr. 612 analog ist ausschließlich auf hochauflösende digitale Systeme zugeschnitten, und auch wenn die gesamte Körperoberfläche untersucht wird, ist die empfohlene Analognummer nur einmal ansatzfähig. Die Untersuchung besonders vieler Naevi muss über den Steigerungssatz abgebildet werden, beispielsweise, wie vom Berufsverband der Deutschen Dermatologen e. V. vorgeschlagen, mit dem 1,2fachen Multiplikator bei drei Naevi, mit dem 1,5fachen Steigerungssatz bei bis zu sechs Muttermalen und bei einer noch größeren Anzahl von Naevi mit dem 1,8fachen Schwellenwert.
Auch die von der Bundesärztekammer empfohlene Zuschlagslösung für die Videogastroskopie wurde von einigen privaten Krankenversicherungen beiseite geschoben, obwohl selbst der EBM die Videogastroskopie mit einem Zuschlag honoriert. Soll der im Paragraphenteil verankerte Spielraum der GOÄ, durch Analogbewertungen eine zeitnahe Ergänzung des Leistungsverzeichnisses zu schaffen, nach dem Willen der privaten Krankenversicherung völlig ungenutzt bleiben? Nicht zum ersten Mal erweist sich die kassenärztliche Gebührenordnung als flexibleres Abrechnungsinstrument als die GOÄ.
Mit der Videoendoskopie ist kein Kameraaufsatz auf einem herkömmlichen Glasfaser-Endoskop gemeint. Anstelle der konventionellen Optik wird ein CCD-Chip zur hochauflösenden Bilderzeugung eingesetzt. Bei 400 000 bis 500 000 Pixel erreichen digitale Kameras inzwischen eine solche Bildbrillanz, dass selbst einzelne Zotten der Darmmucosa beurteilt werden können. In einem zweiten Anlauf empfiehlt die Bundesärztekammer, die Videoendoskopie mit einem Zuschlag analog Nr. 5298 GOÄ zu berechnen.
Dr. med. Regina Klakow-Franck
(in: Deutsches Ärzteblatt 98, Heft 50 (14.12.2001), Seite A-3391)