Zum Umgang mit Reklamationen
Deutsches Ärzteblatt 109, Heft 24 (15.06.2012), S. A-1288
Viele Ärztinnen und Ärzte sowie deren Personal leiden unter der überbordenden Bürokratie. So sind im Bereich der kassenärztlichen Abrechnung, den zahlreichen Sonderverträgen und auch bei der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zahlreiche Regelungen zu beachten. Auch wenn Computer mit entsprechender Software einige „Vorprüfungen“ und Brieferstellungen übernehmen, so bleibt doch eine Menge an Formularen, Anträgen und Anfragen unterschiedlichster Art übrig, die bearbeitet werden müssen.
Sowohl den Patienten als auch den erstattenden Stellen bietet insbesondere die veraltete GOÄ häufig Anlass zu Rückfragen und Reklamationen. Die Zahl der Patienten, die einen Tarif mit (hoher) Selbstbeteiligung (vor allem für ambulante Behandlungen) vereinbart haben, nimmt ständig zu. Nicht nur diese Patienten sind gehalten, sich jede Rechnung genauestens anzuschauen und, falls notwendig, Fragen zu stellen. Analoge Bewertungen für neuartige selbstständige ärztliche Leistungen, die nicht in der GOÄ verzeichnet sind, erklären sich für die Patienten nicht immer von selbst, und so nimmt auch in diesem Gebiet die Zahl der Fragen weiter zu.
Aus den genannten Gründen ist es sinnvoll, bei der Erstellung der Rechnung auf die gemäß GOÄ vorgegebenen Formalitäten (hier insbesondere § 12 GOÄ) zu achten. Vor allem bei (sinnvoll) gekürzten Leistungslegenden müssen die zur korrekten Darstellung notwendigen Leistungsinhalte (Mindestzeit, Einzel- versus Gruppensitzung etc.) der GOÄ wiedergegeben werden. Zur korrekten Darstellung der Gebührenpositionen unter Beachtung aller formalen Vorgaben sind bereits zahlreiche GOÄ-Ratgeber erschienen, auf die hier verwiesen wird.
Wenn es jedoch trotzdem Fragen seitens des Patienten oder der erstattenden Stelle gibt, ist eine moderate und verständnisvolle Reaktion nicht nur im Hinblick auf das Fortbestehen eines guten Arzt-Patienten-Verhältnisses sinnvoll. Die Patienten stehen oft zwischen Arzt und erstattender Stelle und wissen nicht, wer recht hat. Häufig richtet sich die grundsätzliche Bereitschaft der Patienten zu bezahlen nach dem, wie mit ihrer Anfrage umgegangen wird. Ein freundlicher Umgangston sowie eine klare und nach Möglichkeit verbindliche Auskunft haben schon oft kurzfristig und ohne großen Aufwand zur Befriedung der Situation beigetragen. Alternativ zeigt dem Anfragenden eine verbindliche Vereinbarung und Erledigung eines Rückrufs für Fragen, die nicht ad hoc geklärt werden können, dass er ernst genommen wird.
Bei schriftlicher Antwort auf Reklamationen tragen Sätze wie „. . . es tut mir leid, dass Sie die . . . nicht von Ihrer privaten Krankenversicherung erstattet bekommen haben. . .“ oder „. . .wir bedanken uns für Ihr Vertrauen und beantworten die Frage Ihrer Beihilfestelle wie folgt. . .“ sowie ein eher moderater Briefstil zu einer Atmosphäre bei, die eine Beilegung der Auseinandersetzung erst ermöglicht. Auch der Hinweis, den Vorgang von einer neutralen Stelle, wie zum Beispiel der Ärztekammer, prüfen zu lassen, kann hilfreich sein.
Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 109, Heft 24 (15.06.2012), S. A-1288)