Abrechnung von Probeexzisionen (I)
Deutsches Ärzteblatt 109, Heft 11 (16.03.2012), S. A-560
Die Abrechnung von Probeexzisionen zur feingeweblichen Untersuchung ist eines der Sorgenkinder bei der Auslegung der GOÄ: Je nach Entnahmeort, -art, -indikation und gegebenenfalls Zusammenhang mit einer anderen Operation wird eine gesonderte Berechnungsfähigkeit immer wieder kritisiert. Nicht zuletzt ist auch die Frage der Zahl der in Rechnung gestellten Probeentnahmen Anlass für Auseinandersetzungen. Bei der Abrechnung von Probeexzisionen sollte daher Folgendes Beachtung finden:
In der GOÄ sind Probeexzisionen in einer Vielzahl von Leistungslegenden als (gegebenenfalls auch fakultativer) Bestandteil des Leistungsumfanges ausdrücklich aufgeführt (zum Beispiel die Nrn. 678 bis 692, 695 bis 697, 700 und 701, 1104, 1155, 2084, 3300) und somit nicht gesondert berechnungsfähig.
Wird eine Probeexzision als eine eigenständige Leistung „ . . . aus oberflächlich gelegenem Körpergewebe (z. B Haut, Schleimhaut, Lippe)“, etwa bei einer verdächtigen Hautveränderung, durchgeführt, ist Nr. 2401 GOÄ zutreffend. Bei einer „Probeexzision aus tiefliegendem Körpergewebe (z. B Fettgewebe, Faszie, Muskulatur) oder aus einem Organ ohne Eröffnung einer Körperhöhle (z. B Zunge)“ trifft Nr. 2402 GOÄ zu. Mit Nr. 2401 GOÄ ist insoweit die Probeexzision aus an der Körperoberfläche zugänglichem Gewebe, mit der Nr. 2402 GOÄ hingegen aus entweder unter der Körperoberfläche gelegenem Gewebe oder aus ohne Eröffnung einer Körperhöhle erreichbaren Organen, wie zum Beispiel die Organe der Mundhöhle, des Rachens etc., abzurechnen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die „Probeexzision aus dem Gebärmutterhals und/oder dem Muttermund und/oder der Vaginalwand – . . . “ als eigenständige Leistung mit Nr. 1103 GOÄ und die „Probeexzision aus dem Kehlkopf“ mit Nr. 1534 GOÄ und nicht mit Nr. 2402 GOÄ in Ansatz zu bringen sind.
Da bei Probeexzisionen die Gewebeentnahme zu diagnostischen Zwecken mittels Schnitt erfolgt und gegebenenfalls auch eine Präparation des umgebenden Gewebes erfolgen muss, um das Zielorgan/die Zielstruktur zu erreichen, sind diese Maßnahmen Bestandteil der vorstehend genannten Leistungen. Insoweit stellen Gewebeentnahmen mittels (Punktions-)Kanülen oder Stanzen keine Probeexzisionen im gebührenrechtlichen Sinne dar. Diese Leistungen sind als Punktionen von einer Berechnungsfähigkeit mit den vorstehend genannten Gebührennummern ausgeschlossen und sind mit den Nrn. 300 ff. des Kapitels C. III. „Punktionen“ der GOÄ abzubilden.
Stanzbiopsien der Prostata im Rahmen der Prostatakarzinom(früh-)erkennung waren Gegenstand des GOÄ-Ratgebers „Stanzbiopsien der Prostata“ (DÄ, Heft 24/2010). Die Abrechnungsempfehlung der Bundesärztekammer, die klarstellt, dass es sich „. . . bei der Prostatabiopsie mittels Stanzbiopsie oder Punktion um eine Leistung nach der Nr. 319 GOÄ handelt und nicht um eine Leistung nach der Nr. 2402 GOÄ“, und die eine „Mindestanzahl von zehn Biopsien“ nennt, kann im DÄ, Heft 17/2011, nachgelesen werden.
Dr. med. Tina Wiesener
(in: Deutsches Ärzteblatt 109, Heft 11 (16.03.2012), S. A-560)