Abrechnung von Probeexzisionen (II)
Deutsches Ärzteblatt 109, Heft 13 (30.03.2012), S. A-676
Wie bereits unter dieser Rubrik erläutert (DÄ, Heft 11/2012), ist die Abrechnung von Probeexzisionen (PE) zur feingeweblichen Diagnostik immer wieder Anlass für eine Rechnungskritik. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine PE im Rahmen anderer Eingriffe (intraoperative Entnahme von Gewebeproben) handelt. Die Frage, wann eine Probeexzision einen zusätzlich berechnungsfähigen Eingriff im Sinne der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) darstellt, wird in Abhängigkeit vom Einzelfall kontrovers diskutiert. Dabei wird oft vorgebracht, dass es sich um einen Bestandteil der operativen (Haupt-)Leistung, oftmals einer Tumoroperation, handele und nicht um eine selbstständige Leistung („Zielleistungsprinzip“ nach § 4 Abs. 2 a GOÄ).
Zweifelsohne sind Probeentnahmen, die ausdrücklich in der Leistungslegende als (gegebenenfalls auch fakultativer) Bestandteil des Leistungsumfanges genannt sind (zum Beispiel die Nrn. 678 bis 692, 695 bis 697, 700 und 701, 1104, 1155, 2084, 3300 GOÄ), nicht gesondert berechnungsfähig. Dies gilt auch für Probepunktionen, die in den Leistungslegenden der vorstehend genannten Gebührennummern (bis auf die Nrn. 678, 1104, 2084 und 3300 GOÄ) ebenfalls aufgeführt sind.
Vor diesem Hintergrund erscheint die gesonderte Inrechnungstellung von PE im Rahmen von Eingriffen, bei denen diese nicht ausdrücklich in der Leistungslegende der zutreffenden Gebührennummer aufgeführt sind, gebührenrechtlich durchaus möglich. Nimmt man zusätzlich in den Blick, dass die Indikation für die Entnahme von Gewebeproben im Rahmen einer anderen Operation, etwa in der Tumorchirurgie, immer dann besteht, wenn sich aus der feingeweblichen Diagnostik Änderungen bezüglich des operativen Vorgehens (zum Beispiel Nachresektion[en], Lymphknotenentfernungen, Ausdehnung oder sogar Abbruch des Eingriffs) beziehungsweise der postoperativen Maßnahmen (zum Beispiel Strahlen-, Chemotherapie etc.) ergeben könnten, so erscheint die gesonderte Abrechnung einer oder mehrerer PE, als ergänzende(r), eigenständige(r) diagnostische(r) Eingriff(e), gebührenrechtlich vertretbar. Dies gilt auch für die Abrechnung sogenannter Randschnitte, wenn diese aus dem Grenzbereich des Operationsgebietes und nicht von dem entnommenen Präparat selbst stammen (gleiche Rechtsauffassung: Kommentierung nach Hoffmann et al. zu Nummern 2401, 2402; Kohlhammer Verlag, 3. Auflage, 26. Lieferung, Stand September 2007).
Die gesonderte Inrechnungstellung von PE im Zusammenhang mit Tumoroperationen mit dem Ansatz der Nr. 2402 GOÄ wird mittlerweile auch von einer Vielzahl von Kostenträgern anerkannt. Eine entsprechende Dokumentation der einzelnen, im Rahmen des operativen Vorgehens vorgenommenen Probeexzisionen kann, wie bei allen anderen Eingriffen auch, wesentlich dazu beitragen, im Zweifelsfalle einer Rechnungskritik wirksam entgegenzutreten. Auch der histologische Befundbericht kann hier hilfreich sein.
Dr. med. Tina Wiesener
(in: Deutsches Ärzteblatt 109, Heft 13 (30.03.2012), S. A-676)