Extrakorporale Stoßwellenbehandlung – ambulante Operation?
Deutsches Ärzteblatt 105, Heft 16 (18.04.2008), S. A-854
Der Ausschuss „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer hat 2001 beschlossen, die Durchführung der extrakorporalen Stoßwellentherapie (ESWT) bei orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Indikationen, bei denen „Großgeräte“ zum Einsatz kommen (mit Ortungseinrichtung und potenziell hochenergetischer Energiedichte im Fokus), analog nach der Nr. 1800 der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zu bewerten (DÄ, Heft 7/2002).
Dabei taucht immer wieder die Frage auf, ob der Zuschlag nach Nr. 445 GOÄ für ambulante Operation neben der analogen Nr. 1800 GOÄ für die ESWT berechnungsfähig sei. Unter formalen gebührenrechtlichen Gesichtspunkten wäre neben der Nr. 1800 GOÄ analog entsprechend den „Allgemeinen Bestimmungen“ zu Kapitel C VIII GOÄ Ziffer 3 die Zuschlagsposition Nr. 445 GOÄ „Zuschlag bei ambulanter Durchführung von Operationen nach den Nummern ...“ denkbar, weil im Fall einer Analogbewertung grundsätzlich die Rahmenbedingungen der analog abgegriffenen Gebührenposition infrage kommen können und die Nr. 1800 GOÄ im Katalog der zuschlagsfähigen Leistungen verzeichnet ist.
Hinweisgebend zur Berechnungsfähigkeit in dieser speziellen Frage sind zum einen die Bestimmungen nach Ziffer 1 der Präambel zu C VIII GOÄ, wonach für die ambulante Durchführung von Operations- und Anästhesieleistungen Zuschläge „für die erforderliche Bereitstellung von Operationseinrichtungen und Einrichtungen zur Vor- und Nachsorge (wie Kosten für Operations- oder Aufwachräume oder Gebühren/Kosten für wieder verwendbare Operationsmaterialien oder -geräte)“ berechnet werden können. Durch die Zuschläge soll den besonderen Erfordernissen einer Operation Rechnung getragen werden. Die ESWT bei orthopädischen oder chirurgischen Indikationen kann nicht als operative Leistung angesehen werden. Besondere Anforderungen, wie in der Präambel genannt oder wie bei der originären Nr. 1800 GOÄ (Zertrümmerung und Entfernung von Blasensteinen unter endoskopischer Kontrolle), sind bei der ESWT bei orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Indikationen nicht erforderlich.
Obwohl analoge Bewertungen grundsätzlich den Rahmenbedingungen der abgegriffenen Gebührenposition folgen, muss unterschieden werden zwischen Regelungen, die zwingend zu beachten sind (wie Gebührenrahmen, Mindestdauer, Mengenbegrenzungen, Ausschlussbestimmungen) und den fakultativen Zuschlagspositionen, die – im Übrigen auch bei der Abrechnung der originären Gebührennummer – nur angesetzt werden dürfen, wenn sie inhaltlich erfüllt werden. Auch wenn aus rein formalen Gesichtspunkten eine Abrechnung denkbar wäre, ist der schematische Ansatz fakultativer Zuschlagspositionen zu zuschlagsfähigen analogen Leistungspositionen ohne Berücksichtigung der inhaltlichen Leistungserfüllung gebührenrechtlich nicht korrekt.
Aus diesen Gründen vertritt die Bundesärztekammer derzeit die Auffassung, dass die Berechnung der Nr. 445 GOÄ neben dem analogen Ansatz der Nr. 1800 GOÄ für die ESWT bei orthopädischen oder chirurgischen Indikationen nicht sachgerecht ist.
Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 105, Heft 16 (18.04.2008), S. A-854)