Der Behandlungsfall (3): Einschränkungen
Deutsches Ärzteblatt 103, Heft 17 (28.04.2006), Seite A-1172
Der "Behandlungsfall" - "Als Behandlungsfall gilt für die Behandlung derselben Erkrankung der Zeitraum eines Monats nach der jeweils ersten Inanspruchnahme des Arztes" - und die darauf bezogenen einschränkenden Bestimmungen in der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) sind häufig Grund für Auslegungsprobleme. Die Definition des "Behandlungsfalls" (Zeitraum, dieselbe Erkrankung etc.) wurde im letzten GOÄ-Ratgeber (DÄ, Heft 15/2006) erläutert. Besondere Schwierigkeiten bereiten dabei die Einschränkungen zum "Behandlungsfall" in Bezug auf Beratung und Untersuchung: "Die Leistungen nach den Nummern (Nrn.) 1 und/oder 5 sind neben Leistungen nach den Abschnitten C [ab Nr. 200 GOÄ] bis O im Behandlungsfall nur einmal berechnungsfähig." Beispiele bei denen die Einschränkungen nicht greifen, wurden im GOÄ-Ratgeber "Der Behandlungsfall - Beratung/Untersuchung" (DÄ, Heft 13/2006) publiziert. Im heutigen Ratgeber werden Beispiele aufgeführt, bei denen die Allgemeinen Bestimmungen zu einer Einschränkung der Berechnung führen. Die Beispiele sind bewusst sehr theoretisch gehalten, weil es hier nicht um die medizinische Plausibilität geht, sondern um die beispielhafte Erläuterung der Abrechnungsbeschränkungen.
Ein Patient kommt am 13. Februar zum Arzt. Die Helferin misst den Blutdruck, der Arzt auskultiert und perkutiert Herz und Lunge, schaut in Mund und Rachen und berät den Patienten. Außerdem wird Blut abgenommen und in der Arztpraxis untersucht. Der Patient erhält zusätzlich eine Rotlichtbehandlung. Der Arzt kann für diesen Termin die Nummern (Nrn.) 1 (Beratung), 7 (Untersuchung eines vollständigen Organsystems; hier Brustorgane) und Nummer (Nr.) 538 GOÄ (Infrarotbehandlung) sowie die Gebührenpositionen für Blutabnahme und die Laborleistungen ansetzen. Der Ausschluss der Nr. 1 GOÄ neben Sonderleistungen kommt bei der ersten Inanspruchnahme nicht zum Tragen, sodass hier alle Leistungen berechnet werden können.
Der Patient kommt am 23. Februar mit derselben Erkrankung wieder in die Praxis. Der Arzt auskultiert die Lunge, schaut in den Rachen und berät den Patienten. Der Patient erhält zudem eine Infrarotbehandlung. Der Arzt kann in diesem Fall entweder die Nr. 1 GOÄ (Beratung, 80 Punkte) oder die Nr. 538 GOÄ (Infrarotbehandlung, 40 Punkte) ansetzen, da Nr. 1 GOÄ schon einmal im "Behandlungsfall" neben Sonderleistungen berechnet wurde. Die Nr. 5 GOÄ (symptombezogene Untersuchung) kann auf jeden Fall berechnet werden, weil die Nr. 5 GOÄ in diesem "Behandlungsfall" noch nicht neben Sonderleistungen (ab Nr. 200 GOÄ) berechnet wurde.
Am 13. März stellt sich der Patient erneut mit derselben Erkrankung vor. Der Arzt auskultiert die Lunge, berät den Patienten kurz und nimmt Blut ab, welches in der eigenen Praxis untersucht wird. Der Patient erhält außerdem eine Infrarotbehandlung. Der Arzt kann die Nrn. 1 (Ausführliche Beratung) und 5 GOÄ (symptombezogene Untersuchung) nicht erneut neben Sonderleistungen (Infrarotbehandlung, Labor) ansetzen, weil es sich um den Zeitraum eines Monats handelt, ein neuer "Behandlungsfall" gilt erst ab dem 14. März. Der Arzt kann jedoch die für ihn günstigere Variante (Beratung und Untersuchung versus Infrarotbehandlung und Labor) in Rechnung stellen.
Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 103, Heft 17 (28.04.2006), Seite A-1172)