Beratungen korrekt abrechnen
Deutsches Ärzteblatt 104, Heft 14 (06.04.2007), <nobr>Seite A-976</nobr>
Beratungsleistungen für den „Normalfall“ sind in der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mit den Nrn. 1 GOÄ „Beratung, auch mittels Fernsprecher“ und 3 GOÄ „Eingehende, das gewöhnliche Maß übersteigende Beratung – auch mittels Fernsprecher“ erfasst. Zu diesen Beratungsleistungen gibt es zahlreiche Ausschlüsse, die bei der Novellierung 1996 teilweise drastisch verschärft wurden. So ist beispielsweise die Nr. 1 GOÄ neben Leistungen nach den Abschnitten C bis O der GOÄ (beispielsweise EKG) nur einmal pro Behandlungsfall berechnungsfähig (vgl. „Nrn. 1 und/oder 5: Typischer Behandlungsfall", DÄ, Heft 38/2004). Massiv eingeschränkt wurde die Nr. 3 GOÄ, die derzeit nur als einzige Leistung neben Untersuchungen nach den Nummern 5, 6, 7, 8, 800 und 801 berechnungsfähig ist (vgl. auch „Der Behandlungsfall [1]: Beratung/Untersuchung“, DÄ, Heft 13/2006). Diese Ausschlüsse führen derzeit dazu, dass manches zeitaufwendige Gespräch unterbewertet ist.
Der Zugriff auf die besser bewertete Nr. 34 GOÄ „Erörterung (Dauer mindestens 20 Minuten) der Auswirkungen einer Krankheit … in unmittelbarem Zusammenhang mit der Feststellung oder erheblichen Verschlimmerung einer nachhaltig lebensverändernden oder lebensbedrohlichen Erkrankung – gegebenenfalls einschließlich Planung eines operativen Eingriffs und Abwägung seiner Konsequenzen und Risiken …“ ist allein durch die Formulierung der Leistungslegende stark eingeschränkt, da diese Beratungsleistung weder zur Vorbeugung einer Krankheit (Stichwort Prävention) noch im Verlauf einer chronischen Erkrankung (ohne aktuelle Verschlimmerung) genutzt werden kann. Gerade die oben genannten Gespräche nehmen aber häufig sehr viel Zeit in Anspruch und stehen selten alleine neben einer Untersuchungsleistung. Gestritten wird auch häufig darüber, was eine nachhaltig lebensverändernde oder lebensbedrohende Erkrankung ist. Die Anwendung der Nr. 34 GOÄ für ein Gespräch bei einem Notfall in der Praxis des niedergelassenen Arztes ist sicher selten möglich, denn beispielsweise bei dem Verdacht auf einen akuten Myokardinfarkt wird die umgehende Weiterleitung des Patienten in die stationäre Behandlung im Vordergrund stehen und keine Zeit für ein zwanzigminütiges Gespräch bleiben. Häufig werden für zeitaufwendige Gespräche die Nrn. 30 „Erhebung der homöopathischen Erstanamnese …(Mindestdauer von einer Stunde)“ und 31 „Erhebung der homöopathischen Folgeanamnese…(Mindestdauer von einer halben Stunde)“ oder Gebührenpositionen aus dem Abschnitt G „Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie“ herangezogen. Eine Analoge Bewertung kann nach § 6 Absatz 2 GOÄ nur für selbstständige ärztliche Leistungen gebildet werden, die nicht in die GOÄ aufgenommen sind. Sowohl kurze (Nr. 1 GOÄ) als auch zeitaufwendige (Nr. 3 GOÄ) und besondere (Nr. 34 GOÄ, Nr. 20 GOÄ „Beratungsgespräch in Gruppen…“) Gesprächs- und Komplexleistungen (Nrn. 30 und 31 GOÄ) sowie strukturierte Schulungen (Nr. 33 GOÄ) sind in die GOÄ aufgenommen, sodass eine Analoge Bewertung für Gesprächsleistungen ausscheidet.
Selbstredend ist, dass die zahlreichen Ausschlüsse zu den Gesprächsleistungen in einer novellierten GOÄ fallen müssen, wenn das Bundesgesundheitsministerium die Förderung zuwendungsintensiver Leistungen auch in der Privatmedizin ernst nimmt.
Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 104, Heft 14 (06.04.2007), <nobr>Seite A-976)</nobr>