Palliativmedizinische Versorgung I
Deutsches Ärzteblatt 108, Heft 14 (08.04.2011), S. A-808
Angesichts der zahlreichen, in Teilen sehr unterschiedlichen Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen der palliativmedizinischen Versorgung durch Haus- und Fachärzte und der dort zur Abrechnung aufgeführten Pauschalen, fragt man sich, wie derartige Leistungen bei der palliativmedizinischen Betreuung von Privatpatienten nach der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) berechnet werden können. Pauschalen sind nach der GOÄ nicht berechnungsfähig.
Im Vordergrund bei den Verträgen zur palliativmedizinischen Versorgung der Patienten durch Haus- und Fachärzte stehen vor allem unterschiedliche Arten von Gesprächen (wie Gespräche mit dem Patienten, den Angehörigen, Konsile mit dem Krankenhausarzt und/oder dem Palliativarzt, dem Pflegedienst) und weitere koordinierende Tätigkeiten, die in einem weiteren Ratgeber thematisiert werden.
Im Hausbesuch nach Nr. 50 GOÄ sind eine Beratung (nach Nr. 1 GOÄ) und eine symptombezogene Untersuchung (nach Nr. 5 GOÄ) enthalten. Diese Beratung und Untersuchung sind folglich in den ergänzenden Bestimmungen zu Nr. 50 GOÄ explizit ausgeschlossen. Für einen Besuch mit einem besonders zeitaufwendigen Gespräch könnte die Nr. 50 GOÄ mit entsprechender Begründung (§§ 5 Abs. 2 und 12 Abs. 3 GOÄ) angemessen gesteigert werden.
Die eingehende Beratung nach Nr. 3 GOÄ ist durch die ergänzenden Bestimmungen („einzige Leistung“) neben der Nr. 50 GOÄ ausgeschlossen. Andere Gesprächsleistungen (wie die Nr. 34 GOÄ) sind dagegen nicht ausgeschlossen. Zwingend ist aber, dass der Leistungsinhalt und die Mindestdauer (Nr. 34 GOÄ: „Dauer mindestens 20 Minuten“) erfüllt wurden. Bei Leistungen, deren Leistungslegende eine Angabe der Mindestdauer enthält, muss die Mindestdauer unbedingt auf der Rechnung angegeben werden (§ 12 Abs. 2 Ziffer 2 GOÄ) damit die Rechnung fällig wird.
Die „Erhebung der Fremdanamnese über einen Kranken und/oder Unterweisung und Führung der Bezugsperson(en) – im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kranken“ nach Nr. 4 GOÄ wird möglicherweise in einem bestimmten Krankheitsstadium bei diesen Patienten notwendig werden und ansetzbar sein.
Die „Psychotherapeutische Behandlung bei psychoreaktiven, psychosomatischen oder neurotischen Störungen, Dauer mindestens 20 Minuten“ nach Nr. 849 GOÄ könnte im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung durch den Hausarzt oder Facharzt ebenfalls notwendig werden und bei Vorliegen einer entsprechenden Symptomatik und Behandlung im Rahmen der palliativmedizinischen Versorgung angesetzt werden.
Beratungsleistungen, mit Ausnahme der Nr. 4 GOÄ, sind grundsätzlich nicht nebeneinander berechnungsfähig. Sollten bei diesen besonderen Patienten zwei Gespräche (wie eine telefonische und eine Beratung im Rahmen eines Hausbesuchs oder in einer Praxis) an einem Tag notwendig sein, so können durch die Angabe der Uhrzeiten zu den Leistungen auf der Rechnung Missverständnisse und Rückfragen vermieden werden.
Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 108, Heft 14 (08.04.2011), S. A-808)