„Neben“ gebührenrechtlich
Deutsches Ärzteblatt 108, Heft 22 (03.06.2011), S. A-1254
Bei der Frage der Abrechnungsfähigkeit von Leistungen nebeneinander treten hinsichtlich des Begriffs „neben“ gelegentlich Interpretationsschwierigkeiten auf. Zur Auslegung des meist als zeitliche Ausschlussbestimmung („nicht neben“) verwandten Begriffs sei auf die Ausführungen „Zum Verständnis der Leistungslegenden“ im Kommentar zur Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) von Brück und Nachfolgern sowie auf die „Vorbemerkungen zur Kommentierung des Gebührenverzeichnisses“ im GOÄ-Kommentar von Hoffmann verwiesen.
Nach Brück bezieht sich der Berechnungsausschluss einer Leistung neben einer anderen Leistung jeweils nur auf die betreffende „Sitzung“, das heißt den jeweiligen Arzt-Patienten-Kontakt. Gemäß Hoffmann bezieht sich der Begriff „neben“ auf alle Leistungen eines Arztes im Rahmen eines Arzt-Patienten-Kontakts, somit vom Betreten der Praxis vom Patienten bis zu deren Verlassen oder beim Hausbesuch vom Eintreten des Arztes beim Patienten bis zu dessen Verlassen. Insofern ist die Bestimmung abgestellt auf den Ort des Leistungsgeschehens und den Zeitraum.
Die Ausschlussbestimmung („nicht neben“) gilt demnach unabhängig von den Leistungsinhalten. Wird beispielsweise die Nr. 34 GOÄ („Erörterung [Dauer mindestens 20 Minuten] der Auswirkungen einer Krankheit auf die Lebensgestaltung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Feststellung oder erheblichen Verschlimmerung einer nachhaltig lebensverändernden oder lebensbedrohenden Erkrankung – gegebenenfalls einschließlich Planung eines operativen Eingriffs und Abwägung seiner Konsequenzen und Risiken – , einschließlich Beratung – gegebenenfalls unter Einbeziehung von Bezugspersonen –“) berechnet und erfolgt im Rahmen desselben Arzt-Patienten-Kontakts beziehungsweise derselben Arzt-Patienten-Begegnung wegen einer anderen, hiervon unabhängigen Erkrankung eine weitere kurze ärztliche Beratung so kann letztere aufgrund der Anmerkungen zur Nr. 34 GOÄ (…Neben der Leistung nach Nummer 34 sind die Leistungen nach den Nummern 1, 3, 4, 15 und/oder 30 nicht berechnungsfähig.) nicht mit der Nr. 1 GOÄ („Beratung – auch mittels Fernsprecher –„) in Rechnung gestellt werden.
Dr. med. Stefan Gorlas
(in: Deutsches Ärzteblatt 108, Heft 22 (03.06.2011), S. A1254)