Abrechnungsbeschränkung im Abschnitt B – Beratung und Untersuchung im Behandlungsfall
Deutsches Ärzteblatt 104, Heft 22 (01.06.2007), Seite A-1616
Die Allgemeinen Bestimmungen zum Abschnitt B der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) werden häufig unterschiedlich ausgelegt. Insbesondere Ziffer 2 „Die Leistungen nach den Nrn. 1 und/oder 5 sind neben Leistungen nach den Abschnitten C bis O im Behandlungsfall nur einmal berechnungsfähig“ ist immer wieder Anlass für Auseinandersetzungen.
Eine Auslegung dieser Bestimmung sähe so aus, dass die Nrn. 1 und 5 GOÄ auch dann „verbraucht“ seien, wenn in demselben Behandlungsfall nur eine der beiden Gebührenpositionen neben Sonderleistungen berechnet würde. Beispiel: 14. Mai. 2007: Beratung, vollständige Untersuchung eines Organsystems, EKG führt zur Berechnung der Nrn. 1, 7 und 651 GOÄ. 16. Mai 2007: Beratung, symptombezogene Untersuchung, EKG. Hier würde die oben genannte Auslegungsvariante dazu führen, dass nur noch das EKG abgerechnet werden könnte.
Eine andere Auslegung dieser Regelung würde dazu führen, dass jeweils nur die Nummer der GOÄ „verbraucht“ ist, die in demselben Behandlungsfall schon einmal neben Sonderleistungen stand. Beispiel wie oben, nur dass am 16. Mai neben dem EKG auch die symptombezogene Untersuchung stehen bleiben könnte, da die Nr. 5 GOÄ in diesem Behandlungsfall noch nicht neben Sonderleistungen berechnet wurde.
Welche Intention hat der Gesetzgeber mit dieser Abrechnungsbestimmung erreichen wollen? Schaut man in die Amtliche Begründung zur 4. Änderungsverordnung der GOÄ, heißt es zum Abschnitt B: „Zur nachhaltigen Verbesserung dieser Situation [Kommunikation der Arzt-Patienten-Begegnung] ist eine finanzielle Aufwertung der gesprächs- und zuwendungsintensiven Leistungen erforderlich, die deren besonderer Bedeutung im Gesamtspektrum der ärztlichen Leistung gerecht wird.“ Weiter: „Innerhalb eines Behandlungsfalles können die einfache Beratung und die symptombezogene Untersuchung nur einmal neben Leistungen nach den Abschnitten C bis O berechnet werden. Hierdurch soll eine wiederholte Berechnung dieser Leistungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Serienbehandlungen, ausgeschlossen werden.“
Die Formulierung der Amtlichen Begründung „. . . Beratung und symptombezogene Untersuchung nur einmal . . .“ deutet darauf hin, dass hier tatsächlich jede Leistung genau einmal neben Sonderleistungen stehen darf. Der Gesetzgeber hätte den Verordnungstext der Allgemeinen Bestimmung mit einem „Nummer 1 oder 5“ statt einem „Nr. 1 und/oder 5“ problemlos so einschränken können, wie er teilweise heute ausgelegt wird.
Fazit: Die Formulierung der Amtlichen Begründung und die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung der Allgemeinen Bestimmungen zum Abschnitt B lassen darauf schließen, dass sowohl die Nr. 1 als auch die Nr. 5 GOÄ im Behandlungsfall insgesamt je einmal neben Sonderleistungen berechnet werden können. Entweder gemeinsam („und“) oder alleine („oder“). Im Beispiel hätte also die symptombezogene Untersuchung nach Nr. 5 GOÄ am 16. Mai neben dem EKG nach Nr. 651 GOÄ berechnet werden können.
Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 104, Heft 22 (01.06.2007), Seite A-1616)