Abgrenzung 70 - 75 - 80
Deutsches Ärzteblatt 102, Heft 26 (01.07.2005), Seite A-1909
Die Abgrenzung der verschiedenen ärztlichen Berichte in der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bereitet oft Schwierigkeiten.
Der einfache Befundbericht und die einfache Befundmitteilung sind in der GOÄ mit der Gebühr für die Untersuchung abgegolten (siehe Anmerkung zur Nummer 75 GOÄ, Allgemeine Bestimmungen Abschnitt M Ziffer 1 und Abschnitt O Ziffer 3). Diese Bestimmung gilt für alle Leistungen der GOÄ, gerade weil im Zusammenhang mit der Nummer 75 GOÄ im Abschnitt B (Grundleistungen) dezidiert darauf hingewiesen wird. Die Wiederholung dieser Bestimmung vor dem Abschnitt M (Labormedizin) und O I (Strahlendiagnostik) muss als Verstärkung interpretiert werden und nicht als Nichtigkeit dieser Regelung beispielsweise für die Abschnitte O II bis O IV. Der aufwendigere Befundbericht oder die aufwendige(re) Befundmitteilung ist deshalb nicht nach der Nummer 70 GOÄ "Kurze Bescheinigung oder kurzes Zeugnis" oder einer in Analogie herangezogenen Gebührenposition berechnungsfähig. Der aufwendigere Befundbericht muss als Bestandteil der Untersuchung über eine angemessene Steigerung des Faktors der durchgeführten Leistung (beispielsweise Computertomographie) berücksichtigt werden.
Die Kriterien nach Nummer 75 GOÄ "Ausführlicher schriftlicher Krankheits- und Befundbericht, einschließlich Angaben zur Anamnese, zu dem(n) Befund(en), zur epikritischen Bewertung und gegebenenfalls zur Therapie" sind erfüllt, wenn über den einfachen Befundbericht hinaus unter Berücksichtigung der aktuellen anamnestischen Daten eine epikritische Bewertung des Befundes erfolgt und/oder ein epikritischer Vergleich mit Vorbefunden und sonstigen Informationen angestellt wird. Die Epikrise beziehungsweise epikritische Bewertung ist definiert als ein zusammenfassender kritischer Bericht über den Ablauf einer Krankheit nach Abschluss des Falles oder nach endgültiger Diagnosestellung (siehe Pschyrembel Klinisches Wörterbuch).
In der Regel bedarf eine gutachterliche Äußerung nach Nummer 80 GOÄ eines schriftlichen Auftrages (vergleiche Kommentar zur Gebührenordnung Brück) und geht über die Anforderungen der Nummer 75 GOÄ hinaus. Bei einem Gutachten nach der Nummer 80 GOÄ wird vorausgesetzt, dass der Arzt aufgrund von ihm erhobener oder übermittelter Befunde Fragen beantwortet, die ausschließlich aufgrund ärztlichen Sach- oder Fachverstandes zu beantworten sind. Der Gutachter muss beispielsweise im Rahmen eines zytogenetischen Gutachtens neben den Befunden, den Angaben zur Anamnese, dem Krankheitswert einer Auffälligkeit und der Wahrscheinlichkeit einer Fehlbildung oder Erkrankung sowie gegebenenfalls zum Verlauf der Erkrankung (Prognose) und den Therapieoptionen Stellung nehmen und die vom Auftraggeber an ihn gestellten Fragen beantworten.
Es ist daher sehr selten, dass die durch einen Arzt, der nicht hauptamtlicher Gutachter ist, durchgeführte Routineuntersuchung anschließend regelhaft ein schriftliches Gutachten notwendig macht, um die Ergebnisse der Untersuchung einzuordnen. Nur wenn der Patient einen Gutachten-Auftrag erteilt hat und die Anforderungen in Art und Umfang einem Gutachten entsprechen, kann dieses auch berechnet werden.
Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 102, Heft 26 (01.07.2005), Seite A-1909)